Wenn ein soziales Netzwerk in den letzten 15 Jahren dazu beigetragen hat, die Kommunikation zwischen Menschen zu revolutionieren, dann ist es Twitter. Durch die Beschränkung seiner Nutzer auf 140 und später 280 Zeichen hat das Unternehmen die Art und Weise, wie wir uns heute online ausdrücken, völlig neu definiert.
Twitter wird oft als das beliebteste soziale Netzwerk unter Journalisten und Politikern dargestellt und hat auch seine Stars wie Elon Musk (auf ihn kommen wir später noch zurück). Der kleine blaue Vogel muss aber auch viel Kritik einstecken und wird oft beschuldigt, sich an der Verbreitung von Fake News oder Hassreden zu beteiligen.
Trotz aller Kritik ist Twitter inzwischen ein Muss, und das Verb „twittern“ ist in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Aber bedeutet das auch, dass es dem Unternehmen gutgeht und dass es sich lohnt, in seine Aktien zu investieren? Wir haben uns das einmal genauer angesehen.
Der Aktienkurs von Twitter war schon immer sehr volatil. Seit dem Börsengang hat er zahlreiche Höhen und Tiefen erlebt. Wenn du in Twitter investiert hättest, als das Unternehmen Ende 2013 an die Börse ging, hättest du seitdem nicht besonders viel verdient. Als dieser Blogpost verfasst wurde, war der Aktienkurs von Twitter seit dem Börsengang um gerade einmal 11 % gestiegen. Wenn du also damals 1.000 € investiert hättest, wäre deine Aktien heute 1.110 € wert. Dies liegt weit unter der Performance des Benchmark-Index S&P 500, der im selben Zeitraum rund 150 % zugelegt hat.
Zwar ist der Aktienkurs von Twitter schon seit dem Börsengang sehr volatil, dies hat sich aber auch in jüngster Zeit nicht geändert. Seit Beginn der Corona-Pandemie vor zwei Jahren hat auch der Aktienkurs von Twitter seine Höhen und Tiefen erlebt. In diesem Zeitraum entwickelte sich das Unternehmen allerdings etwas besser als der Durchschnitt der Unternehmen im Nasdaq Composite, dem Benchmark-Index für US-Technologieaktien. Wenn du im April 2020 1.000 € in Twitter investiert hättest, wären deine Aktien jetzt rund 2.000 € wert – etwas mehr als die 1.885 €, die du mit einem Investment in einen ETF verdient hättest, der den Nasdaq Composite trackt.
Was sind also die Gründe für die hohe Volatilität des Aktienkurses von Twitter? Um das herauszufinden, müssen wir uns die Zahlen des Unternehmens einmal genauer ansehen.
Das Unternehmen wurde im Jahr 2007 gegründet. Seine ersten Gewinne erzielte es aber erst viel später – und zwar elf Jahre nach seiner Gründung, im Jahr 2018.
Trotz eines stetigen Umsatzwachstums seit 2017 konnte das Unternehmen nur zweimal Gewinne ausweisen: 2018 und 2019. Seitdem schreibt es jedes Jahr aus einem anderen Grund rote Zahlen.
Die Verluste im Jahr 2020 sind auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen, die sich auf die Werbeeinnahmen des sozialen Netzwerks ausgewirkt hat. Tatsächlich verdient das soziale Netzwerk fast ausschließlich mit Anzeigen, die es an Werbetreibende verkauft, sei es über Promoted Ads, Twitter Amplify, Follower Ads oder Twitter Takeover.
Im Jahr 2021 erzielte Twitter Werbeumsätze von 4,5 Milliarden US-Dollar, ein Plus von über 40 % gegenüber dem Vorjahr. Dies entsprach fast 90 % des Umsatzes. Trotz dieses deutlichen Anstiegs verlor Twitter 2021 immer noch Geld. Dieser Verlust hängt aber tatsächlich mit einer einmaligen Nettobelastung von 766 Millionen US-Dollar zusammen, die auf Zahlungen in Höhe von 809,5 Millionen US-Dollar infolge eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen Twitter und den Aktionären der Plattform folgte. Die Aktionäre hatten Twitter Irreführung der Investoren über das Wachstum seiner Nutzerbasis und die Anzahl der aktiven Nutzer vorgeworfen.
Ein extrem volatiler Aktienkurs, steigende Erträge aber variable Rentabilität sind nicht unbedingt Indikatoren für ein vertrauenswürdiges Unternehmen. Und doch schafft es Twitter immer wieder, Investoren von sich zu überzeugen. Einige kämpfen sogar darum.
Wir schreiben den 2. April 2022. An diesem Tag erfährt die Welt, dass Elon Musk gerade einen Anteil von 9,2 % an Twitter übernommen hat, was ihn zum größten Einzelinvestor des Unternehmens macht. Weniger als zwei Wochen später wird der Tesla-Chef ein Angebot in Höhe von 43 Milliarden US-Dollar für den Kauf des Unternehmens unterbreiten.
Wird Elon Musk die Übernahme gelingen? Ich habe da so meine Zweifel. Der vorgeschlagene Preis (54,20 USD – man beachte die Cannabis-Referenz) liegt unterhalb des Rekordkurses von 77 US-Dollar pro Aktie, der vor vierzehn Monaten erreicht wurde. Der saudi-arabische Prinz Al-Walid Ben Talal Al Saud, einer der Hauptaktionäre von Twitter, hat das Angebot bereits als unzureichend abgelehnt. Außerdem hat Musk, dessen Vermögen hauptsächlich in seinen eigenen Tesla-Aktien gebunden ist und der sich kein Gehalt zahlt, nicht genug Cash, um Twitter zu kaufen. Dazu müsste er Tesla-Aktien verkaufen oder einen riesigen Kredit aufnehmen.
Der Deal könnte sogar noch teurer werden, da Twitter beschlossen hat, sich gegen Musks Übernahmeversuch zu wehren, indem es die so genannte „Giftpille“ einsetzt: ein juristisches und finanztechnisches Instrument, das bestimmten bestehenden Aktionären eine Reihe von spezifischen Rechten gewährt. Diese Rechte können es ihnen ermöglichen, ihre Beteiligung zu einem geringeren Preis zu erhöhen, wenn ein Käufer versucht, die Kontrolle über das Unternehmen zu übernehmen. Im Falle von Twitter wird die Giftpille ausgelöst, sobald ein Investor mehr als 15 % der Aktien des Unternehmens besitzt. Angenommen, Musk kauft genügend Aktien, um diese 15-Prozent-Schwelle zu erreichen. In diesem Fall können alle anderen Aktionäre von Twitter, Aktien zu einem geringeren Preis kaufen, was den Preis, den Musk zahlen müsste, um das soziale Netzwerk vollständig zu erwerben, deutlich in die Höhe treiben würde.
Heißt das, dass Twitter doch nicht in Musks Hände fällt? Nicht unbedingt. Eine „Giftpille“ kann auch als Verhandlungstechnik verwendet werden, um den Übernahmepreis eines Unternehmens im Falle einer feindlichen Übernahme zu erhöhen.
Was bedeutet das für diejenigen, die gerade in Twitter investieren möchten? Die Zukunft des Unternehmens scheint derzeit unklarer denn je. Tatsächlich könnte es sein, dass Twitter in den kommenden Monaten von der Börse verschwindet, wenn Musk übernimmt. Als dieser Blogpost verfasst wurde, war der Aktienkurs des Unternehmens aber seit der Bekanntgabe der Beteiligung des Tesla-Gründers an Twitter um fast 20 % gestiegen. Finanzanalysten sind sich uneinig, obwohl die meisten von ihnen laut Refinitiv empfehlen, die Aktie zu halten.
Die endgültige Entscheidung liegt aber wie immer ganz bei dir.
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