Finanzberichte richtig lesen – Teil 1

Oliver SachgauMärz 05
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Wenn du Anlageprofi werden möchtest, wirst du zwangsläufig irgendwann mit Finanzberichten konfrontiert. Diese Berichte erscheinen normalerweise viermal im Jahr und sind vollgepackt mit Informationen und Zahlen. Auf den ersten Blick können sie ein wenig abschreckend wirken. Sie sind aber gar nicht so beängstigend wie du vielleicht denkst, und wir verraten dir, wie du in kürzester Zeit den richtigen Durchblick bekommst. 

In diesem Blogpost befassen wir uns mit dem Finanzbericht von Apple, der am 27. Januar 2021 veröffentlicht wurde. Dieser Bericht geht auf sämtliche Einnahmen und Ausgaben ein, die das Unternehmen in den drei Monaten bis zum 26. Dezember 2020 hatte. An dieser Stelle gibt es bereits einige Unterschiede: Aus Kalendersicht würde das Quartal als viertes Quartal bezeichnet und erst am 31. Dezember enden. Für Apple ist es das erste Quartal und endet fünf Tage früher. Das liegt daran, dass Unternehmen selbst entscheiden können, wann ihre Quartale beginnen und enden. Aus diesem Grund ist es wichtig zu prüfen, ob das Quartal eines Unternehmens mit dem Kalenderquartal übereinstimmt.

Die Grundlagen 

Obwohl der Finanzbericht jedes Unternehmens ein wenig anders aussieht, enthält er bestimmte Standardabschnitte: eine Gewinn- und Verlustrechnung, eine Bilanz und eine Cashflow-Rechnung. In der Gewinn- und Verlustrechnung geht es darum, wie sich das Geschäft des Unternehmens im Laufe des Quartals entwickelt hat: wie viele Produkte verkauft wurden, wie viel Geld mit diesen Verkäufen eingenommen wurde und so weiter. Bei der Bilanz handelt es sich um ein Buchhaltungsdokument, in dem aufgeführt ist, wie viel Geld ein Unternehmen besitzt, wie hoch seine Schulden sind und in welchem Verhältnis diese beiden Zahlen zu einer dritten Kennzahl, dem Eigenkapital, stehen. Darauf gehen wir in einem unserer nächsten Blogposts noch einmal genauer ein. Heute konzentrieren wir uns auf die Gewinn- und Verlustrechnung.

Vom Umsatz zum Gewinn

In der Gewinn- und Verlustrechnung von Apple sehen wir mehrere Zeilen, in denen auf der rechten Seite Zahlen aufgeführt sind. Bei diesen Zahlen handelt es sich um die Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens im betreffenden Quartal. Die erste Zahl bezieht sich auf das letzte Quartal, und die rechts davon stammt aus dem Vorjahr, um den Anlegern einen schnellen Überblick zu geben, ob die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen oder gefallen sind. 

Konzentrieren wir uns hier auf einige wichtige Zeilen. 

Die ersten beiden Zeilen, Produkte und Dienstleistungen, zeigen, wie viel Geld Apple mit dem Verkauf physischer Produkte wie iPhones und Macs verdient hat, und wie viel das Unternehmen mit Diensten wie iCloud, Apple Music usw. eingenommen hat. Wie du siehst, sind die Umsätze in beiden Kategorien dieses Quartal im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. 

Als nächstes kommen die Umsatzkosten und Aufwendungen. Da wären zunächst die Gesamtumsatzkosten, also das Geld, das Apple ausgeben musste, um die verkauften iPhones, Computer und Software herzustellen. Dabei werden Arbeitskosten, Rohstoffkosten und eine Reihe anderer Kosten berücksichtigt. Wenn man diesen Betrag vom Nettoumsatz abzieht, erhält man die Bruttomarge – also den ungefähren Gewinn, den das Unternehmen mit seinen Verkäufen gemacht hat. Einige Unternehmen geben Ihnen hier einen Prozentwert an. Apple nicht. 

Es gibt aber auch noch andere Aufwendungen. Ein Unternehmen zu führen bedeutet Investitionen in Forschung, Personalwesen und jede Menge andere Abteilungen, die nicht direkt mit der Herstellung eines verkauften Produkts beschäftigt sind. Sie werden alle in den Betriebskosten erfasst. Wenn man diese von der Bruttomarge abzieht, erhält man das Betriebsergebnis, eine Kennzahl für den Gewinn, die genauere Einblicke darüber liefert, wie viel Geld ein Unternehmen nach Abzug der Kosten verdient hat. 

Wie du siehst, ist das aber noch nicht alles. Es gibt auch noch ein paar weitere Aufwendungen, die abgezogen werden können, allen voran Steuern. Sobald diese abgezogen wurden, erhält man den Nettoertrag – ein ungefähres Maß für den Gewinn eines Unternehmens nach Abzug aller anderen Ausgaben.

Gewinn je Aktie 

Jetzt lässt sich der Gewinn auf die einzelnen Aktien umrechnen. Wenn wir den Nettoertrag nehmen und berechnen, wie viel davon pro Aktie erwirtschaftet wurde, erhalten wir eine schöne niedrige Zahl, die für die Aktionäre verständlich ist und ihnen direkt zugeordnet werden kann. In unserem Fall hat Apple pro Aktie etwa 1,70 USD verdient. Dabei handelt es sich um den unverwässerten Gewinn je Aktie. Es gibt auch einen verwässerten Gewinn, bei dem Dinge wie Wandelanleihen, also Finanzinstrumente, die zu einem späteren Zeitpunkt in Apple-Aktien umgewandelt werden können, berücksichtigt werden. 

Nettoumsatz nach Segmenten und Kategorien 

Unternehmen unterteilen ihre Umsätze häufig auch in Kategorien. Manchmal handelt es sich dabei um Unternehmensbereiche, manchmal um geografische Märkte und oft auch um beides. Im Finanzbericht von Apple sind nach dem Nettoumsatz die Umsätze grob nach geografischen Märkten und anschließend nach den Kategorien iPhone, Mac, iPad, Wearables, Home und Accessories sowie Services aufgeschlüsselt. Wie diese Aufteilung erfolgt, bleibt einzig und allein Apple überlassen. Man beachte, wie einige Dinge wie die Apple Watch, Apple TV und Homepod in einer Kategorie zusammengefasst werden. Das heißt also, dass Investoren nicht genau wissen, wie viele Apple Watches in diesem Quartal verkauft wurden. Manchmal geben Führungskräfte in einem Earnings Call – einer Telefonkonferenz mit Presse und Analysten, in der die Führungsriege Fragen zum Finanzbericht beantwortet – nähere Auskünfte über diese Zahl. 

Und damit wären wir auch schon am Ende unserer gemeinsamen Durchsicht einer kompletten Gewinn- und Verlustrechnung angelangt. Es mag sich wie eine Menge Informationen anfühlen, aber je mehr du dich damit beschäftigst und die groben Kategorien erkennst, in die sie unterteilt sind, desto einfacher wird es, diese Berichte zu lesen. 

Nimm dir die Zeit, einige Berichte verschiedener Unternehmen zu lesen, und lass dich nicht entmutigen, wenn nicht auf Anhieb alles Sinn ergibt. Es ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen. Achte auf jeden kleinen Fortschritt, den du machst, und feiere deinen Sieg, wenn du das erste Mal einen Nettoumsatz oder eine Gewinnzeile erkennst. Mit etwas Zeit und Geduld kommt auch die Routine.

Willst du mehr wissen? Lies den zweiten Teil unseres Earnings Report Handbuchs hier.

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