Die Credit Suisse ist eine – auf ihre Weise – einzigartige Bank; sie ist immer für einen Skandal gut und sorgt durch ihren eigenwilligen Umgang mit Sorgfaltspflichten regelmäßig für Aufsehen. Im jüngsten Skandal, der bereits Gegenstand einer Untersuchung ist, soll die Bank Investoren aufgefordert haben, Unterlagen zu vernichten, die im Zusammenhang mit Krediten für Luxusyachten russischer Oligarchen stehen. Zuvor hatte ein spektakuläres Datenleak enthüllt, dass die Bank Konten mit Hunderten Millionen Dollar von Kunden führte, die in Drogengeschäfte, Korruption, Geldwäsche, Folter und andere schwere Verbrechen verwickelt waren. Ein Whistleblower hat die internen Bankkontendaten zusammengetragen und der Süddeutschen Zeitung zugespielt. Diese wertete die Datensätze mithilfe des Recherche-Netzwerks Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) aus, das 46 Medienhäuser umfasst, darunter die New York Times, der britische Guardian und die französische Le Monde.
Diese Enthüllungen (die sog. „Suisse Secrets“) sind aber nur der jüngste Skandal in einer langen Reihe, weshalb wir uns entschieden haben, etwas tiefer zu schürfen und fünf der größten Skandale der letzten Jahrzehnte auszugraben. Stellt euch am besten schon mal Popcorn bereit!
Ja, ihr habt richtig gelesen: Credit Suisse hat für das philippinische Präsidentenehepaar Marcos Bankkonten unter den Decknamen „William Saunders“ und „Jane Ryan“ eröffnet, wahrscheinlich um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Die Bank unterstützte den Diktator und seine Frau dabei, geraubtes Volksvermögen in Milliardenhöhe beiseite zu schaffen. Das Ganze ist nur schwer nachvollziehbar, vor allem, wenn man bedenkt, dass das bei der Schweizer Bank gebunkerte Geld auf 5–10 Milliarden Dollar geschätzt wird. Von „Peanuts“ kann hier keine Rede mehr sein!
In Tokio trafen sich mehrere Mitarbeiter der Credit Suisse zu einer „Reißwolfparty", die dem Kreditinstitut letztlich die japanische Banklizenz kosten sollte. Bei einer solchen „Party“ werden Akten geschreddert, deren Inhalt sich – aus welchen Gründen auch immer – als brisant erweisen könnte. Die Credit Suisse wurde von den japanischen Behörden zu einer Strafzahlung verdonnert, nachdem bekannt wurde, dass die Banker durch Vernichten von Beweisen eine Untersuchung behindert hatten, in der die Rolle des Unternehmens bei der Vertuschung von Schulden ihrer Kunden durchleuchtet werden sollte. Die Credit-Suisse-Mitarbeiter wurden gefeuert, die entzogene Banklizenz zwischenzeitlich wieder erteilt.
Sani Abacha, der Militärdiktator Nigerias, hat nach Plünderung der nigerianischen Staatskasse zig Millionen Dollar außer Landes geschafft. Preisfrage: Wo wurde dieses Geld deponiert? OK, das war jetzt fast zu leicht. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) erhob Anklage gegen die Credit Suisse, weil sie in den 1990er-Jahren rund 214 Millionen Dollar angenommen hatte, die im Zusammenhang mit korrupten Machenschaften des nigerianischen Militärdiktators standen. Anscheinend ist es in der Bank niemandem aufgefallen, dass es sich bei den beiden Söhnen des Diktators, die das Geld deponiert hatten, um politisch exponierte Personen handelte.
Zurück in Japan. Wir schreiben das Jahr 2004, als ein ehemaliger Banker der Credit Suisse verhaftet wird. Der Vorwurf: Unterstützung eines internationalen Geldwäscherings. Der Bankmitarbeiter soll Gelder aus illegalen Kreditgeschäften der japanischen Mafia im Volumen von 4,6 Milliarden Yen (42,2 Millionen Dollar) gewaschen haben, indem er damit Diskontanleihen über ein japanisches Wertpapierhaus kaufte. Er wurde später freigesprochen, da ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er von der kriminellen Herkunft der Gelder wusste. Böse, böse Yakuza.
Es scheint, als habe die Credit Suisse ihre liebe Not damit, die wahre Identität ihrer Kundschaft festzustellen. So erhob die Schweizer Bundesanwaltschaft Anklage gegen die Credit Suisse, weil diese nicht alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen habe, um die Identität ihrer Kunden zu ermitteln und Geldwäsche durch einen bulgarischen Drogenring zu verhindern. Der Bank wird vorgeworfen, von 2004 bis 2008 Gelder aus Kokaingeschäften in Höhe von mindestens 146 Millionen Dollar gewaschen zu haben. Ein spektakulärer Fall. Das Strafverfahren wurde erst im Februar 2022 eröffnet: Es ist das erste Mal, dass in der Schweiz eine Schweizer Bank in einem Strafprozess vor Gericht steht.
Hinzu kommen weitere Vergehen, darunter Beihilfe zur Steuerhinterziehung in mehreren Ländern, von Bankmitarbeitern fingierte Kundenunterschriften zur Umleitung von Geldern in Aktienspekulationsgeschäfte ohne Wissen der Kunden, Verstöße gegen Antikorruptionsgesetze in Hongkong, Skandale um die Beschattung eigener Manager und Ähnliches mehr.
Angesichts dieser Skandale hat die Europäische Volkspartei (EVP), die größte Fraktion im Europäischen Parlament, die EU-Kommission jüngst aufgefordert, die Beziehungen zur Schweiz neu zu bewerten und zu prüfen, ob die Schweiz in die Liste der Hochrisikoländer für Geldwäsche aufzunehmen sei.
Banken sind zwar nicht jedermanns Sache, sie sind in unserem derzeitigen System jedoch praktisch unerlässlich. Wir brauchen sie, um unser Geld sicher zu verwahren, um es anzulegen und um Kredite zu erhalten. Es ist also nicht ganz so einfach, sich eine Welt ohne Banken vorzustellen. Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Gesetze erlassen, um uns besser zu schützen und Banken so transparent wie möglich zu machen. Am Beispiel Credit Suisse wird jedoch überdeutlich, dass das in einigen Fällen nicht ausreicht. Dass die endlose Serie von Skandalen und Kontroversen der Bank für ungläubiges Erstaunen sorgt, ist leicht nachvollziehbar. Braucht die moderne Welt Beispiele wie diese, um das Bankensystem zu ändern? Ich denke, wir können nur abwarten und den Dingen ihren Lauf lassen.